Pacing und die eigenen Grenzen anerkennen

Pacing und die eigenen Grenzen anerkennen – und was hat das mit Long Covid zu tun?

Respektierst du deine eigenen Grenzen? Und agierst du genauso so, wie du es in diesem Augenblick brauchst? Also ich handle nicht immer danach, weil ich dazu viel zu oft viel zu sehr im Außen bin. Ich schaue, was macht meine Nachbarin, wie macht sie es. Beim Sport fällt mir das auch auf, die Frauen machen oft einfach alles nach ohne nachzuspüren, ob das jetzt wirklich für sie passt.

Nur nicht auffallen

Wir sind viel zu sehr zu “nur nicht auffallen, sich anpassen“ erzogen. Ich finde bei Körperübungen hört sich dieses Gleichmachen auf. Wenn die eine Frau nicht so gelenkig ist, warum sollte sie sich dazu zwingen? Dieses Vergleichen mit anderen – was für eine Unart, oder? Ich bemühe mich gerade beim Sport sehr, bei mir zu bleiben und mich nicht zu bewerten. Gelingt mir das? Nicht immer, ich arbeite dran.

Was ich für mich sehr gut gelernt habe: Ich lasse mir keine Atemanweisung mehr aufzwingen, dafür bin ich schon zu frei und autonom in meinem Atem. Ich erlaube mir, meinen Atem auch beim Sport fließen zu lassen. Das ist äußerst hilfreich, ich kann es nur empfehlen, dem Atemfluss zu folgen.

Außerdem habe ich mir als Künstlerin die Erlaubnis anders, beziehungsweise einzigartig zu sein, schon recht früh geben dürfen. Und da ist bestimmt auch noch Luft nach oben. Und bei diesem Prozess hilft mir das Älterwerden, nach meinen eigenen Regeln zu leben.

Lass deine Emotionen zu!

Der Atem hilft ja auch, wenn wir uns anstrengen, und je mehr wir ihn frei fließen lassen können, desto freier können wir uns auch bewegen. Und liebe Leute, lasst eure Emotionen zu! Mir passiert es zum Beispiel beim Tanzen regelmäßig, dass ich mich von der Musik berühren lasse. Ich lasse das zu und bewege mich dabei selbstvergessen. Was für ein besonderer Moment!

Ich würde mir so wünschen, dass sich mehr Frauen diese Hingabe erlauben, nicht wie eine Marionette alles nachmachen, was der oder die da vorne macht. Sondern mutig sein und sein eigenes Tempo durchziehen. Einfach? Ganz sicher nicht. Bei meiner Pilatesstunde, wo ich wöchentlich teilnehme, geht die Trainerin von einer Übung ganz schnell in die nächste. Mir ist da zu wenig Raum dazwischen. Wie kann ich mir da jetzt mein eigenes Tempo erlauben? Ich mache es elegant und trinke dazwischen.

Pacing bedeutet die eigenen Grenzen anzuerkennen

Pacing kenne ich erst seit kurzem, seit ich Long Covid Betroffene mit der Atemarbeit unterstützen darf. Sie haben mir von dem Wort erzählt – und da es sich ja bei Long Covid um eine Belastungsintoleranz handelt, ist dieses Wort wichtig geworden. Bei Pacing geht es darum, sich die eigenen Kräfte einzuteilen.

Bei der Atemarbeit ist „das eigene Maß“ finden ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit und ich liebe es, die Menschen daran zu erinnern, dass sie ihre eigene Leistungsfähigkeit als einzigen Maßstab verwenden. Und weil wir das nie gelernt haben, sind wir bei Long Covid dazu gezwungen, uns damit auseinanderzusetzen.

Was kann ich tun, damit es besser wird?

Wenn wir gesundheitliche Einschränkungen haben, müssen wir uns einiges hinterfragen: Wie gehe ich mit meiner Energie um, wenn ich zum Beispiel erkältet bin? Was mache ich dann anders als vorher? Ich muss mit meiner Energie haushalten, weil ich ja weniger davon zur Verfügung habe. Durch meine Tätigkeit als Künstlerin musste ich das schnell lernen. Sonst wäre ich nicht durch die zweite Vorstellung durchgekommen.

Natürlich bin ich in einer Gruppe dazu verleitet einfach mitzumachen, weil es alle machen. Wenn ich zu zweit bin, fällt es mir leichter mir meine eigenen Bedürfnisse einzugestehen.

Die Atemarbeit kann dir dabei helfen, deine eigenen Grenzen zu erkennen, zu respektieren und Schritt für Schritt darüber hinauszuwachsen.